Alles anzeigenSchließ für einen Moment deine Augen und denke an Anno. Was ist das erste Bild, das dir durch den Kopf schießt? Vermutlich hunderte detaillierte Gebäude mit zahlreichen Bürgern die um sie herumwuseln während sie ihrem täglichen Leben nachgehen; ein majestätischer Blick über dein ganz eigenes Inselparadies. Aber wie entsteht das alles eigentlich, und wie erschaffen wir diesen Diorama-Look? In unserem heutigen DevBog erklärt euch 3D Artist Rolf Bertz wie die detaillierten Anno-Welten entstehe, ausgehend von nicht viel mehr als unzähligen guten Ideen und ein paar wenigen simplen Formen.
Hi, mein Name ist Rolf Bertz und ich bin ein 3D Artist hier im Anno 1800 Team, nachdem ich vor fast fünf Jahren zum Team gestoßen bin. Mein erster Job hier war für ein halbes Jahr als Concept Artist für Might & Magic Heroes: Online, bevor dann ein persönlicher Traum wahr wurde und ich meinen neuen Arbeitsplatz im Anno-Team bekam. Während der Arbeiten an Anno 2205 bin ich langsam umgestiegen zum 3D und Character Artist. Heute verbringe ich den Großteil meiner Zeit damit Unmengen an Gebäuden für Anno 1800 zu bauen.
Erste Schritte: Worum geht es bei 3D Assets?
Ihr erinnert euch vielleicht an unseren ersten DevBlog zum Thema Concept Art, in dem ihr schon einen ersten Blick auf frühe 3D Modelle werfen konntet. Aber bevor wir uns in die Details stürzen will ich kurz umreißen was genau der Job eins 3D Artists ist; geht es wirklich nur um Gebäude?
Streng genommen erstellt der 3D Artist natürlich 3D Objekte, aber das kann in einem Aufbauspiel wie Anno natürlich vieles bedeuten. Während wir natürlich auch 2D Objekte benutzen (zum Beispiel im Bereich User Interface), besteht die überwiegende Mehrheit aus Polygonen.
Um den hohen Anforderungen an unsere 3D Bibliothek gerecht werden zu können sind viele unserer Artists auf bestimmte Arten von Assets, oder spezielle Prozesse spezialisiert. Da wir hier über ein Anno Spiel sprechen liegt unser Hauptaugenmerk auf der Vielzahl an Gebäuden, aber natürlich haben wir auch Artists für Bereiche wie Vegetation, Inseln, Fauna oder Effekte (wie Feuer oder Rauch).
Diese anderen Bereiche könnten interessante Themen für zukünftige DevBlogs sein, aber für den ersten Beitrag zum Thema 3D wollen wir uns mit unserer Hauptaufgabe beschäftigen. Schauen wir uns gemeinsam an wie ein Gebäude in Anno Schritt für Schritt entsteht- los geht’s!
Schritt 1: Wo fangen wir an?
Lasst uns kurz an das erste 3D Mock-Up aus dem Concept Art Blog zurückdenken. Dieser erste 3D Schritt in der Entwicklung des Gebäudes hat eine wichtige Rolle im späteren Entscheidungsprozess und beeinflusst die finale Konzeptzeichnung, die dann wiederum zur Vorlage für das finale 3D Model wird.
Wir beginnen mit dem Bau dieser Mock-Ups sobald wir von den Konzeptzeichnern die ersten Skizzen bekommen. Dabei beginnen wir mit einfachen geometrischen Formen um den groben Look des Objekts zu definieren. Dieser Prozess ist noch vergleichsweise simpel, da wir zu diesem Zeitpunkt noch keine Zeit auf unnötige Details verschwenden; hier geht es in erster Linie darum die Form und die Dimensionen des Gebäudes zu sehen, und ob es sich nahtlos in unser Stadtbild einfügen würde. Dabei gibt es eine klare Zielsetzung: das Gebäude muss sich gut in die Stadt einfügen, aber für den Spieler trotzdem auf Anhieb identifizierbar bleiben.
Schritt 2: Der Spaß beginnt
Das nächste Mal kommen wir zum Zuge, wenn das Design das endgültige Approval bekommen hat und wir auf Basis der finalen Konzeptzeichnung eine High-Polygon Version des Gebäudes bauen. Wir 3D Artists sagen gerne, dass wir in diesem Schritt gleichermaßen Architekt wie auch Bauarbeiter werden. Als allererstes musst du dich für die Grundform des Objektes entscheiden. Im Falle unserer Gebäude ist das fast immer ein Rechteck.
Darauf bauen wir dann systematisch Schritt für Schritt auf mit weiteren Details und geometrischen Formen, bis das Objekt irgendwann grob dem gewünschten Design entspricht.
Wenn alle Strukturen wie Wände und Dächer vorhanden sind geht es an die Feinarbeit. Bei einem solchen High-Poly Objekt gibt es davon einige- von jedem einzelnen Dachziegel, über Risse in den Wänden bis hin zu Holzmaserungen. Am Ende kann so ein Objekt locker aus mehr als einer Million Polygone bestehen (wie gesagt: es sind so einige Details).
Jetzt stelle Dir eine Stadt aus Hunderten dieser Gebäude mit jeweils über einer Million Polygone vor- ein Alptraum für jede PC-Hardware.
Glücklicherweise sind wir noch lange nicht fertig, denn schließlich wollen wir ja ein Spiel das nicht nur gut aussieht, sondern auch flüssig auf Deinem Rechner läuft.
Deshalb arbeiten wir als nächstes daran das High-Poly Gebäude in eine Low-Poly Version zu übertragen, in der einige Details vereinfacht werden. Als Referenz gilt es folgende Regeln zu beachten: Ein „Feld“ in Anno darf 250 Polygone und eine maximale Texturauflösung von 256 Pixeln nicht überschreiten. Das bedeutet natürlich auch, dass wir bei größeren Gebäuden mehr Spielraum haben, da sie sich über mehrere Felder erstrecken.
Wenn wir damit fertig sind wird als nächstes die High-Poly Version des Objektes „gehäutet“, in einem Prozess den wir UV Unwrapping nennen. Ganz simpel gesagt musst du Dir die Oberfläche eines 3D-Objektes als eine 2D-Ebene vorstellen. Um diese „Skin“ zu erstellen schneiden wir das 3D-Objekt quasi entlang seiner Kanten auf, öffnen es wie ein Papphaus und legen es flach aus. Mit dieser Blueprint Map des Gebäudes geht es dann an den nächsten Schritt.
Beispiel eines Anno-Gebäudes als Blueprint Map
Schritt 3: jemand Lust auf Backen?
Der nächste Schritt heißt „Baking“, und hat leider so gar nichts mit Kuchen zu tun. Um die Skin des High-Poly Gebäudes auf die Low-Poly Oberfläche zu übertragen müssen wir es „aufbacken“. Dabei wir die hochdetaillierte Oberfläche auf das darunterliegende Low-Poly Objekt übertragen; die polygonale Oberfläche bleibt detailarm, aber durch die neue Skin wird zusätzliche Tiefe und ein höherer Detailgrad erzeugt. Das Resultat dieses Backprozesses wird Normal Map genannt, auf der Tiefe und teilweise auch Beleuchtung auf die Skin geprägt werden um die Illusion räumlicher Tiefe zu verleihen. Du kannst dir als Beispiel eine Wand vorstellen bei der du Löcher, Unebenheiten und andere Vertiefungen siehst- in Wahrheit ist es allerdings eine komplett glatte Oberfläche.
Nach und nach wird aus einem ersten High-Poly Model ein texturiertes Anno-Gebäude
Schritt 4: Zeit für die Texturen
Wir kommen unserem Ziel immer näher, und jetzt ist es an der Zeit mit Shadern zu arbeiten. Mit deren Hilfe können wir die verschiedenen Materialien aus denen unser Gebäude besteht definieren. So können wir festlegen welche Teile des Gebäudes aus Holz oder Stein sein sollen, und auch wie die jeweiligen Oberflächen auf Licht reagieren sollen. Nachdem wir für jeden Teil des Objekts das korrekte Material definiert haben wird es Zeit es aufzumalen. Dabei betreiben wir schon vorab die nötigen Recherchen um beispielsweise zu sehen wie gebrannte Ziegelsteine genau aussehen, oder was für eine Farbe ein Dach in einer bestimmten Epoche vermutlich gehabt hätte. Besonders Metall benötigt hier viel Sorgfalt aufgrund eventueller Reflexionen. Diese Problematik kann man gut anhand von Gold veranschaulichen; die natürliche Farbe des Metalls ist eigentlich ein gelblicher Ton, der erst durch Licht und Reflektion zu dem uns allen bekannten leuchtenden Material wird.
Wie auch bei der Concept Art versuchen wir hier historischen Realismus mit dem besonderen Anno-Look zu kombinieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist wie Farben und Texturen wirken, wenn das Haus aus der höchsten Zoomstufe betrachtet wird. Die Mehrheit der Anno-Spieler verbringen die meiste Zeit im Spiel aus der Vogelperspektive um den besten Überblick über ihr Reich zu haben; wir müssen also sicherstellen, dass unsere Gebäude aus der Ferne gut aussehen und leicht zu erkennen sind, aber immer ansprechend wirken, wenn Spieler hin und wieder doch in die nächste Nähe zoomen.
Beispiel für verschiedene Texture Maps die Eigenschaften wie Tiefe oder Schatten beeinflussen
Und das ist meine Arbeit
Unser Gebäude ist jetzt ein detailliertes und fertig texturiertes, hübsches Haus, aber wir sind noch nicht ganz fertig. Zwischen dem einarbeiten von Feedback, dem Beheben kleinerer – oder manchmal auch nicht ganz so kleiner – Probleme und natürlich dem zum Leben erwecken des Ganzen durch Animationen kommen noch einige weitere Schritte auf unser Gebäude zu.
Allerdings endet hier erstmal mein Beitrag, da im nächsten Arbeitsschritt einer meiner Kollegen übernehmen würde. Wer hätte Interesse an einem zweiten 3D DevBlog in dem mein Kollege Carsten darüber berichtet wie er die wuselige Anno-Welt zum Leben erweckt?
Und jetzt ist euer Input gefragt. Zoomt ihr gerne in eure Stadt hinein um jedes noch so kleine Detail an Bewohnern und Gebäuden aufzusaugen? Oder bevorzugt ihr die entfernte Vogelperspektive um eure gesamte Stadt auf einmal im Blick zu haben?
Lasst es uns in den Kommentaren wissen! Bis zum nächsten Mal,
Rolf
DevBlog: Von 3D Architekten und Bauarbeitern
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