Wie privat darf es sein?

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So ein Virtuelles Privates Netzwerk ist eigentliche eine nette Sache. Zum einen erhöht es durch die Art der Verbindung und entsprechende Verschlüsselung der Kommunikation die Sicherheit, zum anderen ermöglicht es z.B. jemandem, der eigentlich ganz woanders ist, genau so zu arbeiten, als wäre er an seinem Bürorechner in der Firma. Dieser Jemand benutzt dann für weitere Aktionen im Netz unter anderem auch die IP des Unternehmens. Damit einhergehend hat man dementsprechend eine (Teil-)Anonymisierung, was die ganze Sache auch für Privatanwender, die wert auf "privat" legen, interessant macht. Außerdem kann man mittels VPN auch solche Dinge wie Geoblocking umgehen, da die Anbieter diverse Server auf der Welt verteilt haben. Klinkt man sich also von Deutschland aus bei seinem VPN in einen amerikanischen Server ein, wird man des Öfteren von dem Youtube-Hinweis "Dieses Video ist in deinem Land nicht verfügbar." verschont. Anonymisierung ist natürlich in manchen Staaten ziemlich Bäh, deswegen braucht man unter anderem in China eine spezielle Lizenz dafür; Russland, Belarus und die Türkei verbieten VPNs gleich ganz.


Nun kann man schon anhand der Penetranz, mit der Sicherheitsbehörden hierzulande versuchen, anonymes Surfen und Verschlüsselung anzugreifen erkennen, dass man mit dieser Technologie auch nicht ganz so legale Sachen veranstalten kann. Beliebt sind da unter anderem Filesharing, illegales Weiterleiten von Streams und eben das Umgehen von copyright-bedingtem Geoblocking. Davon ist dann natürlich unter anderem die Filmindustrie stark betroffen. Und was macht man, wenn man an die bösen Buben aufgrund der Anonymisierung nicht rankommt? Klar, man verklagt den Vermittler, in diesem Fall also die Anbieter von VPN-Netzwerken, vorzugsweise in den USA.


Also haben sich reihenweise Filmstudios zusammengeschlossen und mehrere VPN-Anbieter (unter anderem die Zenguard GmbH aus Deutschland) vor einem Gericht in Virginia verklagt. Begründet wird die Klage wie gesagt mit Urheberrechtsverletzungen der Nutzer, aber auch (durch entsprechende Werbeaussagen) mit Anstiftung und Beihilfe zu Urheberrechtsverletzungen sowie mit der Nutzung von Kinderpornographie, Falschangaben gegenüber der Registrierungsbehörde usw usf. Gerichtsstand sei Virginia wegen der Nutzung amerikanischer Bezahldienste, der Registrierung von Markennamen bei einer US-Behörde in Virginia, der Anmietung von Servern in dem Bundesstaat und natürlich auch, weil es dort Kunden von VPN-Anbietern gibt. Nach Wünschen der Kläger soll das Ganze vor einem Geschworenen-Gericht verhandelt werden, ein Schelm, wer Böses dabei denkt.


Dass hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird, erkennt man spätestens dann, wenn man sich die Forderungen, die in der Klage aufgestellt werden, mal so anschaut. Da sollen die Ports zu Bittorrent-Seiten gesperrt werden, die Nutzung durch die Kunden mitgelogt und gespeichert werden und natürlich sollen Kunden auch (nach drei unwidersprochenen Beschwerden über Urheberrechtsverletzung) gesperrt werden. Und außerdem klagt man natürlich auf Schadensersatz ... in der Klage wird Dreifach-Schadensersatz (eine Spezialität des amerikanischen Rechtssystems, durch die die mögliche Summe weit über dem eigentlichen Schaden liegen kann) gefordert sowie Strafschadensersatz. Wer schon mal mitbekommen hat, wie teuer selbst hier in Deutschland eine Urheberrechtsverletzung per Torrent werden kann, kann sich leicht ausrechnen, dass dementsprechend die "Schadenssumme" wahrscheinlich irgendwo zwischen der BIPs der USA und Chinas liegen wird. Ganz davon abgesehen, dass ein VPN anschließend wahrscheinlich ungefähr so privat sein wird wie ein Promi-Kuss auf dem Okoberfest zwischen den Reportern von Bild und Bunte.


Für Interessierte: Klageschrift (pdf, englisch, 70 Seiten)


PS: Von den Vermietern der Server an die VPN-Anbieter verlangt man zwar keinen Schadensersatz, aber sie sollen gezwungen werden, den VPNs gegebenenfalls den Saft abzudrehen.


PPS: Ich bitte die Meinungstendenz im Artikel zu entschuldigen.