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Supergrafik, klasse Stimmung: In Alan Wake 2 weht ein frischer Wind
Wir waren mit Max Payne auf Streife in einem gruseligen Wald. Was wir dort gesehen haben, hat uns zutiefst erschreckt - und uns zugleich immense Hoffnung für Alan Wake 2 gemacht.
10.06.2023
Es ist das Klappern der Fensterläden, das mich am meisten beeindruckt.
Ein Sturm zieht auf und der eben noch idyllisch wirkende Wald rund um das Ausflugsziel Cauldron Lake verwandelt sich immer mehr in eine Schreckenswelt aus mit der eigenen Fantasie spielenden Schemen und Furcht erregenden Geräuschen.
Gerade ist die Sonne untergangen. Wo eben noch die letzten Strahlen das Tal in ein sanftes goldenes Licht tauchten, herrscht nun Finsternis, während ich in der Rolle von FBI-Agentin Saga Andersen tiefer hinabsteige, einem gewundenen Pfad folgend. Vor mir läuft Sagas Kollege Alex Casey, dessen Gesicht sich Max Payne und Remedys Creative Director Sam Lake teilen.
Diese Wanderung am sich im Wind wiegender Vegetation vorbei, zwischen zunehmend beklemmenden Baumstämmen hindurch und entlang mit Efeu überwachsener, verlassener Holzhütten ist wie der Abstieg in eine lebendige Finsternis, einen Ort der Dunkelheit, eine Art Vorhölle.
Alan Wake 2 - Gameplay Reveal Trailer | PS5 Games:
13 Jahre später ist alles beim Alten
Die Version, die ich auf einem PS5-Devkit zu sehen bekam, stand laut Entwicklern kurz vor dem Erreichen des Beta-Stadiums. Zu sehen gab's das zweite Kapitel der Geschichte, die nahtlos 13 Jahre nach Alan Wakes Verschwinden einsetzt. Im verschlafenen Städtchen Bright Falls taucht die Leiche des aus dem Vorgänger bekannten FBI-Agenten Robert Nightingale auf und setzt eine Kette von Ereignissen in Gang, die ein schlafendes Böse von Neuem entfesselt.
Mit der neuen Protagonistin Saga will Remedy jenen Spielern den Einstieg erleichtern, die Alan Wake damals nicht gespielt haben. Sie übernehmt ihr zu Beginn, dann kommt irgendwann ein Punkt, an dem ihr in die Haut des namensgebenden Schriftstellers wechseln könnt. Ihre beiden Geschichten sind voneinander getrennt und doch miteinander verbunden; der Spieler soll entscheiden, wann er lieber welche Story fortsetzt, muss zum Ende aber beide durchgespielt haben.
Es gibt in Alan Wake 2 keinen Koop-Modus oder die Möglichkeit, eine Mission aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln zu erleben - Alans und Sagas Erlebnisse spielen sich auf unterschiedlichen Realitätsebenen ab, auch wenn sich die beiden wie am Ende der Demo ab und zu treffen. Zwischen den beiden Charakteren soll es auch spielerische Unterschiede geben, die sind aber noch ungeklärt.
Sherlock lässt grüßen
In Sagas Rolle kann ich mich jederzeit während des Spiels in ihren Kopf zurückziehen: Ohne Ladezeit lande ich in ihrem »Mindplace«, einer Blockhütte, die den Verstand der FBI-Agentin repräsentiert. Wer sich an den »Mind Palace« aus der BBC-Show »Sherlock« erinnert, wird mit dem Konzept vertraut sein.
Hier könnt ihr nicht nur eine Karte des aktuellen Levels aufrufen (drei davon große Hub-Areale mit alternativen Pfaden), sondern auch an einer Wand die gesammelten Hinweise, Fotos und Manuskript-Seiten aufhängen. Dabei entstehen automatisch Verbindungen und Schlussfolgerungen, welche die Handlung vorantreiben sowie neue Ziele im Spiel freischalten.
Anders als in den Sherlock-Holmes-Adventures von Frogwares wird es nicht erlaubt sein, falsche Schlussfolgerungen zu ziehen - es ist aber sehr wohl möglich, Details zu verpassen. Schlussendlich hat Saga in ihrem Kopf auch noch die Möglichkeit, sich als Profiler in die Lage bestimmter Personen zu versetzen. So kann sie in einer Art Vision erahnen, was beispielsweise Robert Nightingale vor seinem Tod gedacht hat.
Dem Anschein nach gibt's hier weit weniger Entscheidungsfreiheit und anspruchsvolle Detektivarbeit, als es im ersten Augenblick erscheint, stattdessen ist der Mindplace vor allem ein Konstrukt, um die letztlich doch lineare Geschichte voranzutreiben. Wenn auch zweifellos ein sehr stimmungsvolles.
Keine Frage, die Atmosphäre und das filmische Flair von Alan Wake 2 sind die größten Stärken des Spiels. Remedy hat echte Schauspieler für die Verkörperung der Figuren digitalisiert, die englische Sprachausgabe ist auf hohem Niveau und das Tempo im gezeigten Abschnitt spielt sehr gekonnt mit unserer Erwartungshaltung, um Spannung und Furcht aufkommen zu lassen.
Als uns Community-Managerin Vida Starčević sagt, dass die Entwickler »lieber auf Atmosphäre als auf Schockeffekte vertrauen wollen«, sind wir ihr daher geneigt, zu glauben - und dann gibt's eine Sekunde später einen Jumpscare.
Alan Wake 2 ist ein Horrorspiel und vertraut immer wieder geskripteten Schockmomenten, um den Puls des Spielers in die Höhe zu treiben. Das reicht von mit Sound-Verzerrung eingeblendeten, für Sekundenbruchteilen auftauchenden Videofetzen bis zu dem durch die Wand brechenden Angreifer aus dem letzten Trailer.
Positiv fällt mir in der Demo immer wieder die Akustik auf. Aber auch die Grafik (zum Einsatz kommt eine verbesserte Version der aus Quantum Break und Control bekannten Engine) genügt höchsten Ansprüchen. Insbesondere das Spiel mit Licht und Schatten ist sehr gelungen und Sagas Haare sehen fast schon täuschend echt aus.
Der während der Demo einsetzende Regen durchnässt die Kleidung der Protagonistin und liebevolle Details wie eine bis ins Kleinste durchexerzierte Nachladeanimation der abgesägten Schrotflinte (die dann auch tatsächlich an einer Schlaufe über Sagas Schulter hängt) stehen stellvertretend für die großartige Arbeit der Grafiker bei Remedy.
Wichtig ist auf'm Platz
Doch Alan wakes Probleme als Spiel reichten 2010 tiefer als bis zur Oberfläche. Dem Gameplay ging im Spielverlauf die Luft aus. Wie Remedy denselben Fehler bei Alan Wake 2 vermeiden will, ist mir auch nach der Präsentation noch nicht ganz klar.
Immer noch bewegt ihr euch zumindest in dem vorgespielten Abschnitt auf linearen Pfaden durch die Levels, interagiert dort mit der Umgebung, wo eine Anzeige zur Interaktion einlädt, sammelt Gegenstände ein und schießt auf von Schatten verzehrte Hillbillys und andere Widersacher. Einmal darf ich mit Max Payne, äh ... Aley Casey ein paar Worte wechseln, doch Entscheidungen sind hier auch nicht möglich.
Ein paar Neuerungen gibt's dennoch:
- Gegenstände wandern in ein gerastertes Inventar mit begrenztem Platz; wie in Resident Evil oder Deus Ex nehmen größere Waffen mehr Stauraum ein.
- Speichern könnt ihr nur noch an Thermoskannen in vom Licht erhellten Safehouses. Hier könnt ihr auch nicht benötigte Items in eine Kiste wandern lassen oder zwischen Saga und Alan wechseln.
- Eure Wunden müsst ihr neuerdings selbst versorgen, mit begrenzten Schmerzmitteln und Erste-Hilfe-Kits. Nachschub findet ihr in der Spielwelt.
- Es gibt keine Fahrzeugsequenzen mehr.
- Waffen lassen sich im Mindplace verbessern.
- Im Kampf könnt ihr jetzt auch am Boden ausweichen, wenn euch Gegner umgeschubst haben.
Gefechte sollen sich strategischer anfühlen, dazu zählt auch der häufigere Einsatz von Wurfgeschossen wie Blendgranaten, Leuchtsignalen und Gastanks. Zu sehen gab's das in der Demo nicht, Saga erledigte die Widersacher wie einst Alan: Erst mit der Taschenlampe die Dunkelheit um den Feind beseitigen und einen Schwachpunkt freilegen, dann mit Pistole und Schrotflinte draufballern.
Beim Bossgegner des Levels wiederholte sich das Spiel, allerdings riss die Schrotflinte da auch erstmals größere Löcher in den Körper des Feindes. Gekrönt wurde die Szene von einem simplen Quick-Time-Event. Batterien für die Taschenlampe und Munition sind nur begrenzt verfügbar, vielleicht betont Alan Wake 2 im Spielverlauf also noch mehr das Item-Management, das ja auch in andere Survival-Horror-Spielen wie Resident Evil einen wichtigen Part darstellt.
Alan Wake 2 erscheint am 17. Oktober für PC, PlayStation 5 und Xbox Series X/S. Am PC lässt sich das Spiel vorerst ausschließlich im Epic Games Store kaufen. Auf die Veröffentlichung einer physikalischen Disc-Version verzichtet Remedy.
Fazit der Redaktion
Peter Bathge
Ich fand Alan Wake damals faszinierend, war aber nie der allergrößte Fan. Aber auf Alan Wake 2 habe ich nach der Demo so richtig Lust! Remedy hat sich den perfekten Level für die Präsentation ausgesucht, dieser langsame Wandel von einem lauen Sommerabend hin zum Sturm in finsterer Nacht war ungemein stimmungsvoll. Wie der Wind immer stärker wurde und die Vegetation realistisch vor sich her peitschte, das musste sich nicht vor Grafikknallern wie Naughty Dogs The Last of Us verstecken.
Dass Alan Wake 2 als Mystery-Thriller und Horrorspiel (dieser Sound!) funktioniere wird, daran hege ich kaum Zweifel. Beim Gameplay bin ich dagegen noch etwas vorsichtiger, gerade von den Kämpfen gab's zu wenig zu sehen. Ärgerlich, denn gerade die waren es, die im Vorgänger nach einer Weile zur reinen Routine verkamen. Das ständige Bündeln der Strahlen mit Sagas Taschenlampe könnte genauso schnell nerven wie im Vorgänger, wenn sich die Entwickler hier nicht noch ein paar clevere Twists überlegt haben. Doch wenn man die Qualität der Demo als Maßstab ablegt, dann bin ich wiederum zuversichtlich, dass Remedy noch die ein oder andere Überraschung auf Lager hat.