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Lies of P im Test: Endlich eine hochklassige Alternative zu Bloodborne!
Der Sprung zum Meisterwerk gelingt Lies of P nicht ganz, doch Anspruch und Kreativität des Action-Rollenspiels im Stil von Bloodborne überraschen uns trotzdem.
Lügen haben kurze Beine - und lange Nasen. Zumindest, wenn es nach Pinocchio geht. Aber so wie in Lies of P habt ihr die weltbekannte Märchenpuppe definitiv noch nie erlebt. Der dunkelgelockte Jüngling mit dem modifizierten Maschinenarm verprügelt munter durchgedrehte Robo-Polizisten oder eklig schleimtriefende Ausgeburten einer verstörenden Designhölle.
Wenn ihr das Märchen irgendwie anders in Erinnerung habt, liegt ihr richtig. Denn das Action-Rollenspiel von Round8 und Neowiz ist eine ziemlich abgedrehte Neuinterpretation des Materials von Carlo Collodi. Aber abgedreht muss ja nicht schlecht sein. Um eure Kompatibilität mit dem Setting zu testen, schaut ihr euch am besten dieses Video von einem der herausfordernderen Bosskämpfe an:
Lies of P - Gameplay Trailer | PS5 & PS4 Games:
In 30 Stunden (eher 40-50, wenn ihr mal an einem Boss zu knabbern habt) schnetzelt ihr euch in Lies of P durch eine Vielzahl an brutalen Gegnern, die als Automaten entweder dem Puppenwahn zum Opfer gefallen sind oder als Menschen von der Versteinerungskrankheit dahingerafft.
Oder ihr trefft auf die gerade erwähnten grotesken Schleimbeutel, für die ohnehin jede Hilfe zu spät kommt. Wie in Bloodborne müsst ihr die Nacht in einer absoluten Albtraumstadt überleben, während euch alles und jeder nach dem Leben trachtet.
Viel erinnert dabei so sehr an den beliebten Gothic-Horror-Ableger von Souls-Erfinder From Software, dass wir beim Test zunächst skeptisch sind. Ja, Lies of P ist hart, härter als Bloodborne, mindestens so hart wie Sekiro. Aber reicht das, um sich vom Meister abzuheben? Oder zeigt From Software Pinocchio am Ende eine lange Nase?
Einmaleins nach dem Souls-Vorbild
Die ersten Schritte in Krat fühlen sich nach Deja Vu an. Immerhin haben wir unzählige Stunden als Jäger im düsteren Yharnam verbracht. Blutverklebte, durchnässte, nächtliche Gassen sind ein bekanntes Jagdrevier für Soulsborne-Veteranen. Und Lies of P schöpft die Genre-Inspiration auch sonst unverhohlen aus.
Nachdem wir irgendwo in der an das Ende des 19. Jahrhunderts angelehnten Belle-Époque-Steampunk-Stadt erwachen und uns eine Waffe aussuchen (ihr wählt zwischen einem flinken Spielstil mit Rapier, einem schweren mit Großschwert oder einem Kompromiss dazwischen mit Säbel) kämpfen wir uns vor zum ersten Stargazer - dem typischen Leuchtfeuer.
Unterwegs kassieren wir Ergo (quasi Seelen), das wir dann zum Aufleveln ausgeben dürfen - zumindest, wenn wir nicht vorher abnippeln. Dann heißt es natürlich zurücklaufen und schnell das verlorene Gut aufsammeln, während alle Feinde wieder lebendig und auf unseren Fersen sind.
Na hoppla, die kennen wir doch? Elena hat die GameStar-Leserschaft hoffentlich noch nicht vergessen. Die Elden-Ring-Testerin kommt einfach nicht los von knüppelharten Souls-Likes und hat sich nun auch Lies of P vorgeknöpft (nicht das mit dem Tiger, das war Life of P!). Dank der brutalen Schwierigkeit bereut sie es ein bisschen, aber gleichzeitig freut sie sich auch sehr nach der Zeit bei Mimimi Games (Desperados 3, Shadow Gambit: The Cursed Crew) nun wieder regelmäßig als Freiberuflerin Artikel beizusteuern und euch an ihrem Leid teilhaben zu lassen.
Eigentlich gestaltet sich das sehr komfortabel: Ihr bekommt einen Hinweis angezeigt, wenn ihr genug Seel… ähm… Ergo zum Leveln habt, könnt per Amulett zum letzten Stargazer reisen und dürft auch sonst ein Schnellreisesystem nutzen, um fix von A nach B zu kommen - inklusive Icon, wenn irgendwo eine Quest weitergeht.
Zudem verstecken sich in den vertikalen Arealen nützliche Schätze wie Wurfitems, neue Waffen, oder Mixturen gegen negative Statuseffekte, während sich eure Heiltränke ohnehin bei jedem Stargazer-Checkpoint wieder aufladen. Und natürlich belohnen auch Abkürzungen euer fleißiges Erkunden, sodass kein Frust aufkommt, wenn ihr euch doch mal einen Fehltritt leistet.
Einziges großes Manko beim Standard-Souls-Prinzip: der Hub. Ähnlich wie der Feuerbandschrein in Dark Souls wird das Hotel Krat zu eurem zweiten Zuhause. Hier sammeln sich wichtige Story-Charaktere, Händler und auch die freundliche Sophia, die euch netterweise beim Aufleveln hilft.
Leider bedeutet das, dass ihr immer (!) dorthin reisen müsst, wenn ihr eure Figur verbessern wollt und das nicht länger an den Stargazern tun könnt, sobald ihr das Hotel erreicht habt.
Dem Fall von Krat auf der Spur
Auch die Handlung wird in typischer Souls-Manier erzählt - mysteriöse Dialoge, kryptische Item-Beschreibungen und hier und da eine (sehr stimmungsvolle) Zwischensequenz, wenn ein neuer, mächtiger Gegner den Raum betritt - die erinnern in ihrer Inszenierung angenehm an die ersten Begegnungen mit großen Bestien in Monster Hunter World.
Manche Charaktere entpuppen (haha) sich zudem als überraschend sympathisch. Beispielsweise der schrullige Erfinder Venigni, den ihr aus seiner von bösartigen Blechbüchsen überrannten Fabrik befreit. Und natürlich trefft ihr auch auf Geppetto, den legendären Puppenmacher und »Vater« von Pinocchio.
In englisch vertonten Dialogen mit deutsche Untertiteln erfahrt ihr nach und nach spannende Hintergründe über den Puppenwahn und die mysteriöse Seuche, die die einst blühende Metropole Krat zu Fall brachten. Alles kauen sie euch aber nicht vor.
Euch bleibt daher keine andere Wahl, als ziemlich wehrhafte Puppe müsst ihr euch allein hinaus in die gefährliche Stadt wagen und die Wahrheit hinter der tragischen Katastrophe aufdecken. Durch den vagen Erzählstil kommt zwar kein wirklich fesselnder Plot zustande, aber die Geheimnisse machen durchaus Lust auf mehr.