"Doom" auf der DefCon angespielt

Es hatte etwas Skuriles, Amüsantes, was da auf der Hackerkonferenz DefCon dieses Jahr demonstriert wurde. Ein Hacker, der unter dem Namen Sick.Codes firmiert, ließ auf dem Terminal eines John-Dere-Traktors den Spieleklassiker Doom laufen. Doch was im ersten Moment noch lustig wirkt, hat einen sehr ernsten Hintergrund. Seit langem stehen Landwirte, sei es nun der deutsche Bauer oder eben der amerikanische Farmer, unter ständigem Effizienzdruck. Große Lebensmittelkonzerne drücken die Preise und zwingen so dazu, immer mehr immer kostengünstiger zu produzieren. Moderne Landmaschinen sollen den Landwirten dabei helfen, genau dies zu tun und dabei spielt auch die Digitalisierung eine immer größere Rolle. So kommen John-Dere-Traktoren der neuesten Generation ohne Fahrer aus.


Was zunächst mal nach einem Vorteil aussieht, wird jedoch zunehmend für die Landwirte zum Problem. Nicht nur, dass die Fahrzeuge inzwischen so teuer sind (Modellreihe 8R zwischen $350.00 und $850.000), dass sich zumindest kleinere Betriebe schon zusammenschließen müssen, um überhaupt die Anschaffung zu stemmen. Alle großen Landmaschinenhersteller versuchen zudem, die Reparaturen zu monopolisieren, d.h., sie versuchen ihre Technik so zu gestalten, dass "nicht authorisierte" Werkstätten oder gar die Landwirte selbst erst gar keine Reparaturen durchführen können. Das geht soweit, dass Ersatzteile im System registriert werden müssen (wofür man wiederum einen passenden Schlüssel braucht), ansonsten funktioniert es nicht, selbst wenn es ein Originalteil ist.


Wie sehr die Landmaschinenhersteller versuchen, die "Besitzer" der Fahrzeuge auszusperren, erkennt man dann daran, welchen Aufwand Sick.Codes betreiben musste. Zwar ist das genaue Vorgehen noch unbekannt - Lücken in der Firmware, die der Hacker auf der letztjährigen DefCon vorgestellt hat, wurden in kürzester Zeit geschlossen - aber man geht davon aus, dass der Zugriff nicht ohne Eingriff in die Hardware möglich war, sprich zusätzliche Chips aufgelötet wurden. Allerdings ist es laut Sick.Codes möglich, auf Basis der Schwachstellen, die er so aufdecken konnte, auch ein reines Software-Tool zu entwickeln. Solch einfache Methoden sind für viele Landwirte inzwischen fast schon überlebenswichtig, denn sie können es sich weder leisten, zum Teil wochenlang auf einen authorisierten Techniker zu warten, noch die dann aufgerufenen Monopol-Preise für eine Reparatur zu bezahlen. So hat sich dementsprechend inzwischen eine ganze Szene um den Hack von Landmaschinen gebildet; in Foren, zu denen man nur auf Einladung Zutriff erhält, werden gehackte Firmware, Lizenzschlüsselgeneratoren, Diagnostikprogramme und sogar spezielle Kabel gehandelt. Daneben explodieren zumindest in den USA die Preise für ältere, gebrauchte Landmaschinen, die Farmer können und wollen schlicht nicht mehr.


Und die Landmaschinenhersteller gehen noch weiter. Moderne Maschinen analysieren z.B. Ertrag, Bodenbeschaffenheit und sogar Saatgut. All das sind eigentlich Daten, die per Gesetz in den USA als Betriebsgeheimnis der Landwirte gelten, doch mit der Unterschrift unter einen Kaufvertrag geben die Landwirte einen großen Teil ihrer Rechte auf, oftmals sogar unbewußt. Denn die Hersteller nehmen sich (natürlich) das Recht heraus, diese Daten abzugreifen und auf ihren Servern zu speichern. Sicherlich kann man damit die eigenen Maschinen noch weiter verbessern, aber man kann sie auch z.B. an Saatgut-Hersteller prima verkaufen.


Mehr und mehr stellt sich also die Frage, was wir in einer zunehmend digitalisierten Welt tatsächlich besitzen.