Ahoi ihr Landratten und Leichtmatrosen ... heute segeln wir nochmals zurück in die Vergangenheit. Viel Spaß beim Lesen.
Alles anzeigenMit seiner Veröffentlichung am 26. Oktober 2006 veränderte Anno 1701 nicht nur das Antlitz der Serie durch den Sprung in die Welt der 3D Games, sondern brachte auch neue Inhalte sowie erweiterte Möglichkeiten und Features. Gerade das klassisch isometrische 2D Anno in die neue 3D Welt zu transportieren war ein immenser Aufwand, der ein ambitioniertes und talentiertes Team erforderte. Und so wurde das Zepter vom damaligen Entwickler Max Design an das Studio Related Designs weitergegeben- heute besser bekannt als Ubisoft Blue Byte Mainz.
Das Team hatte bereits einige Erfahrung im Strategiegenre und auch in der 3D Entwicklung. Die hauseigene Engine wurde durch die Weiterentwicklung für das kommende Anno 1701 zum Grundpfeiler folgender Titel und Initialzündung für die erste richtige Anno Engine, die erstmals mit Anno 1404 zum Einsatz kommen sollte. Ein Kraftakt der sich auszahlen sollte; so entstand nicht nur das erfolgreiche und geschätzte Anno 1701, sondern auch viele Erfahrungen und Werkzeuge, die 1404 und kommenden Titeln zugutekamen.
Viele dieser Veteranen arbeiten auch heute noch zusammen mit neueren Teammitgliedern daran einige dieser Erfahrungswerte in die Entwicklung von Anno 1800 einfließen zu lassen. Schließlich ist es unser erklärtes Ziel mit unserem nächsten Spiel an die Komplexität der älteren Teile anzuknüpfen und gleichzeitig von den Entwicklungen die seither stattgefunden haben zu profitieren. Während wir im Union Update Erinnerungen einiger Anno Fans beleuchtet haben, wollen wir euch heute Geschichten über die Entwicklung von Anno 1701 von einigen der ursprünglichen Entwickler geben. Interessante, persönliche und auch zeitweilen witzige Geschichten aus der Entwicklung: Anno 1701, zurück in die Zukunft!
Burkhard Ratheiser, Executive Producer
Hi, mein Name ist Burkhard Ratheiser, Executive Producer für Anno 1800. Zu 1701 Zeiten war ich neben meiner Tätigkeit als Managing Director Related Designs auch der Lead 3D Engine Programmierer von 1701.
Was war eigentlich „ANNO WAR“?
Anno 1701 startete eigentlich als ein Strategieableger innerhalb des ANNO Brands. Hierzu trafen sich Thomas Pottkämper und ich mit dem Entwicklungsdirektor von Sunflowers zu Brainstorming Meetings um an dem entsprechenden High Concept zu arbeiten (meistens in einer Pizzeria um die Ecke des damaligen Sunflowers Büros). Eines schönen Tages wo wir eigentlich zusammen an dem ANNO WAR Konzept weiter brainstormen wollten, fragte uns der Entwicklungsdirektor ob wir denn nicht auch an einem „echten“ Anno Nachfolger zu 1503 arbeiten könnten. Erst waren wir etwas perplex, mussten jedoch nicht lange hierfür überlegen und haben es als eine große Chance gesehen die „eigentliche“ Anno Serie fortzuführen. ANNO WAR wurde somit ganz schnell auf Eis gelegt und die Vorbereitungen zu Anno 1701 begannen…#
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Exklusiv hier ein kleiner Konzept-Mockup von Anno War (UNVERÖFFENTLICHT)
Der Anno eigene „Schön-Shader“
Schön-Shader war die interne Bezeichnung den ich für den Pixel-Shader Effekt verwendet hatte, der für die freundlich, bunte Darstellung der Spielwelt verantwortlich war. Der Begriff wurde später auch öfters von den Spiele- und Hardwarepublikationen so übernommen was stets für Heiterkeit im Team sorgte. Wenn man sich fragte warum der Begriff gewählt wurde, so habe ich stets lapidar geantwortet: „Weil er alles schön macht“ – quasi das „erste“ programmierte Make-Up ;-)!Später wurde mir im Zuge einer Feier (den genauen Grund habe ich vergessen) vom Team ein kleines Döschen Modellbau Emailfarbe als Anlehnung an den „Schön Shader“ geschenkt.
Terrain Engine: die Engine in der Engine
Da ich schon immer am liebsten alles selbst programmiert habe und unter anderem auch für die Terrain Engine zuständig war, mutierte die Terrain Engine zu einer riesigen, aufgeblähten C++ „Monster“-Klasse die quasi als eine Art autarker 3D Engine samt komplett eigenständigem Ressourcen Management (z.B. Shader System) inklusive kompletter Features wie z.B. das Undiscovered (Fog of War) innerhalb der eigentlichen 3D Engine koexistierte.Fun Fact(s)
– Die mit der Kamera rotierende Sonne sorgte dafür, dass man als Spieler immer auf die schöne, perfekt ausgeleuchtete Seite der Spielwelt geschaut hatte (erkennt man an dem sich mit der Kamera drehenden Schatten)– Besonders stolz waren wir damals auf das Rendering der Flüsse. Sie bestanden aus einer Aneinanderreihung von planaren Dreiecken. Rein durch den Pixelshader wurden die Illusion von fließendem Wasser und räumliche Tiefe des Flussbettes erzeugt.
– Anno 1701 war das erste Anno in Echtzeit-3D. Bei der Ankündigungspräsentation für die Games Presse hatten wir ein einen Startscreen von einem Schiff das zur damaligen Zeit wie ein komplexes Rendering aussah. Als wir dann die Präsentation begannen, so blendete das Bild 1:1 in die Echtzeitdarstellung der Engine und das Schiff und Wasser begannen sich zu animieren und man war direkt im Spiel. Da ging jedes Mal ein Raunen der Pressevertreter durch den Raum.
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Der ultimative Throwback, hier ein Foto vom Release Presse Event mit: Burkhard Ratheiser , Thomas Pottkämper, dem Schauspieler und Anno Synchronsprecher Sky du Mont und Dirk „Karrenschieber“ Riegert
Christian Rösch, Software Developer
Ich bin Christian Rösch und jetzt seit fast 13 Jahren ohne Unterbrechung Programmierer im Anno Team und habe inzwischen schon bei fast jedem erdenklichen Feature mitgewirkt. Damals bei 1701 war meine erste Aufgabe die Wegfindung und Bewegung aller Einheiten, denn ich hatte gerade eine Diplomarbeit zu diesem Thema geschrieben. Eine der ersten Änderungen, die ich machte, betraf die Bewegung der Schiffe. Ich hatte mir eine kleine Testkarte gebaut mit ein paar Schiffen und unförmigen Inseln und entwickelte einen Algorithmus um die Schiffe in einem schönen runden Bogen um alle diese Ecken zu bewegen. Dort funktionierte auch irgendwann alles super und ich war zufrieden. Am nächsten Tag war dies dann im Spiel integriert und alle anderen Kollegen hatten diese Funktion auch in ihrem Spiel. Leider waren plötzlich fast alle Level und Save Games kaputt, niemand konnte mehr vernünftig spielen – die Wirtschaft brach sofort zusammen. Ich hatte übersehen das die Änderungen auf allen Karrenschieber angewandt wurden. Auf den engen Straßen hatten diese aber keinen Platz um in schön geschwungenen Kurven umherzufahren, sie drehten sich nur noch hilflos im Kreis. Seitdem denke ich die bei neuen Ideen für das Spiel immer zuerst darüber nach, ob der Rest damit auch weiterhin gut funktionieren wird.
Wolfgang Klose, damals 3D Programer, jetzt Lead 3D Programer
Frank Hoffmann, damals Diplomand, jetzt Senior 3D Programer
Die Engine für Anno 1701 weiterzuentwickeln war eine ganz schön aufregende Zeit. Viele unserer Kollegen kamen frisch von der Uni und hatten viele Ideen aber es fehlte natürlich noch an praktischer Erfahrung in der Spieleentwicklung. Als Basis verwendeten wir für Anno die Engine von Castle Strike. Diese mussten wir allerdings stark modifizieren und erweitern, da es sich dabei doch um sehr unterschiedliche Spiele handelt und die Engine den Anforderungen für ein Anno Spiel gerecht werden musste. Anno war eine zu diesem Zeitpunkt etablierte Serie mit sehr spezifischem Gameplay und deshalb konnten wir anfangs gar nicht so genau abschätzen, ob der Umstieg von 2D auf 3D überhaupt gelingen würde.
Es war eine Zeit, in der sich die Grafikkartentechnologie Jahr für Jahr rasant weiterentwickelte. Für uns als Entwickler ermöglichte es den Einsatz von neuen Technologien oder auch Ressourcen, um neue Features in der Entwicklung auszuprobieren. Beispielsweise konnten wir bei Anno 1701 von den ehemals simplen, in Assembler geschriebenen Shadern auf komplexere, sogenannte „HLSL Shader“ umsteigen. Das ermöglichte es uns, das vorher mühsame programmierte Shader in Maschinenbefehlen durch eine C++ ähnliche Programmierung ersetzt werden konnten, wodurch wir leichter neue Technologien ausprobieren konnten. Das eröffnete uns eine Fülle an neuen Möglichkeiten.
So kam beispielsweise ein völlig neues Schattensystem zum Einsatz, welches den Detailgrad enorm steigerte. Ganz wichtig war die Implementierung des Ozeans, schließlich bedeckte er einen Großteil der Anno Welt. Wir implementierten Spiegelungen, Schaumbildung an der Brandung und Fahrwasser für die Schiffe. Für die Schiffssegel kam eine selbst entwickelte Stoffsimulation zum Einsatz.
Wir haben uns natürlich nicht immer alles selbst ausgedacht. So verwendeten wir z.B. für die Lava des Vulkanausbruchs eine Technik von NVIDIA, die ursprünglich dazu gedacht war, Blut an Wänden herunterlaufen zu lassen. Diese Erfahrungen waren unglaublich wertvoll und haben für einiges an Knowhow im Team gesorgt. Für Anno 1404 ging diese 3D Engine in den Ruhestand und wir segelten mit einer von Grund auf neu entwickelten weiter, welche jetzt auch (stark verbessert) bei Anno 1800 zum Einsatz kommt. Man kann sagen das Anno 1701 somit den Grundstein legte für die Anno Engine, die uns seitdem mit jeder Entwicklung eines neuen Anno Games begleitet.
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Zu guter Letzt noch ein Bild aus dem ersten Anno 1701 Prototypen, inklusive „Schön-Shader“