Tja, wie baue ich meinen ÖPNV... vielleicht hilft's ja dem Einen oder Anderen..
Inhaltsverzeichnis:
1. Theorie
2. praktische Umsetzung
3. Schnellbusse als Alternative zur Tram
4. Ein sinnvolles S-Bahn-System
Grundsätzlich versuche ich, mich bei sowas an der Realität zu orientieren und trotz dass ich passionierter Autofahrer bin, würde ich mich schon als kleinen Straßenbahn-Nerd bezeichnen.
Allen Linien liegt das A-nach-B-Prinzip zugrunde. Das heißt, dass ich alle Linien von einem Anfangspunkt (A) zum Endpunkt (B) fahren lasse, dort machen sie kehrt und fahren wieder nach A. Der Vorteil liegt auf der Hand, so wird jede Station im Hin- und im Rückverkehr bedient. Den Grund liefert die Realität, denn mit nur einer Ringlinie wird man nie die gleiche Station 2x bedienen. So muss der Cim erstmal nach Westen fahren, obwohl er eigentlich nach Osten wollte und seine Siedlung komplett umrunden, obwohl er nur bei der nächsten Tanke ein Sixpack kaufen wollte. Da der Cim darauf keinen Bock hat, wird er dann das Auto bevorzugen.
Aus diesem Grund vermeide ich Ringlinien und wenn ich sie mache, muss ich immer eine Kopie der Ringlinie setzen, die in entgegengesetzter Richtung fährt. Auch hier liefert die Realität ein gutes Beispiel: Schauen wir uns die Buslinien 100 und 200 der Üstra Hannover an Linie 100/200 (PDF), sehen wir, dass diese ringförmig durch die Innenstadt verlaufen und zwar die 100 im Uhrzeigersinn und die 200 entgegengesetzt.
Bus:
In meinen Städten unterscheide ich grundsätzlich Vororte (res low), städtische Wohngebiete (res high) und eben das Stadtzentrum, wo nur sehr wenig Wohnraum vorhanden ist, aber sich Büros, die meisten Geschäfte und öffentliche Einrichtungen befinden. Manchmal, wenn's gerade zu meinem Kartenthema passt, ziehe ich mir auch Plattenbausiedlungen dazu, die eine Mischung aus Vororten (Entfernung) und städtischen Wohngebieten (Siedlungsdichte) sind. Diese Unterscheidung muss man sich klarmachen, damit man die drei Linienarten, die ich nutze, besser einsortieren kann.
1) Zubringerlinien
Werden immer dann eingesetzt, wenn eine Siedlung an einen Verkehrsverteiler (Metro-Station, Bahnhof, etc.) angebunden werden will. Diese Linie durchkämmt systematisch die Siedlung nach dem A-to-B-Prinzip und macht meist am Verkehrsverteiler Halt. Geprägt wird die Linie durch eine dichte Haltestellenfolge von max. 3 Feldern1 Wenn man sich an der Realität orientieren will, bietet sich auch eine Wendeschleife an einer Schule, oder ähnlichen markanten Gebäuden in der Siedlung an. Je nach Größe der Siedlung kann die Linie bei mir bis zu 50 Haltepunkten aufweisen und je nach Passagieraufkommen der Abstand zwischen den Bussen 500-700 Meter beträgt. Dafür nötig ist die Mod Improved Public Transport (IPT), mit der man genau festlegen kann, in welchem Abstand die Fahrzeuge ungefähr hintereinander herfahren sollen.
Ein schönes Beispiel für eine Stadtteillinie liefert abermals die Üstra, deren Linie 631 rechts oben auf der Karte vom Vorort Altwarmbüchen zum Verkehrsverteiler Noltemeyerbrücke fährt, wo sie auf die Stadtbahnlinien 3, 7 und 9 trifft.
Zubringerlinien sind auch bis ins Ortszentrum möglich und nicht, wie in der Realität oftmals anzutreffen, ausschließlich "siedlungsrein" am Stadtrand. Ein Beispiel bietet die EVAG Essen, die ihr Nachtbusnetz sternförmig am Hauptbahnhof enden lässt.
Der große Nachteil von einem ausschließlichen Zubringernetz ist die Umsteighäufigkeit. Wenn ich ganz im Westen wohne und ganz in den Osten will, muss ich mindestens 2x umsteigen. 1x an "meinem" Verkehrsverteiler, dann mit einer Ringlinie um die Innenstadt rum und dann nochmal am Ziel-Verteiler umsteigen in die Zubringerlinie des Zielortes. Der zweite Nachteil ist hierbei, dass niemals ein direkter Weg genommen wird, weil das Stadtzentrum ja ringförmig umfahren wird. Oder, wenn keine Ringlinie besteht, dass vom Start-Verteiler zum Stadtzentrum sternförmig gefahren wird und dort dann noch ein drittes Mal umgestiegen werden muss.
2) Durchgangslinie
Das genaue Gegenteil der Zubringerlinie ist die Durchgangslinie. Diese fährt nicht bis zum nächsten Verkehrsverteiler, sondern fährt durch das Stadtzentrum in einen auf der anderen Seite liegenden Stadtteil. Der große Vorteil ist, dass es mehr "Ausgänge" aus dem Stadtviertel gibt, als wenn am Verkehrsverteiler für den Stadtteil schon wieder Schluss wäre und gleichzeitig kann er mit dem Bus direkt ins Stadtzentrum fahren. In einem Bus-only-System werdet ihr um Durchgangslinien nicht herumkommen, denn wenn ihr nur Zubringerlinien habt und evtl. zwei Ringlinien im Stadtzentrum, ist der Cim ewig unterwegs, wenn er nur mal schnell das Stadtzentrum durchqueren will. So hat der Cim am Stadtteilverteiler die Wahl zwischen Bus, U-Bahn und evtl. einer anderen Buslinie, die dort endet. Am Meinsten Sinn ergeben die Durchgangslinien eben in einem Bus-only-System, aber auch in einem kombinierten System mit Tram und/oder Metro kann der D-Bus noch seine Existenzberechtigung haben, denn nicht überall im Stadtzentrum fährt ne Tram oder ne U-Bahn, oder der D-Bus fährt ein Stück parallel mit der Tram, biegt aber statt zur Stadthalle dann zum Rathaus ab, wohin wiederum gar keine, oder ne andere Tram hinfährt.
Ein Beispiel für eine Durchgangslinie findet sich in Oberhausen. Die Linie 960 der Stoag startet im Südosten, durchquert mit dem Hauptbahnof, dem CentrO und Sterkrade alle drei Stadtzentren (fragt nicht, Oberhausen ist merkwürdig. ) und fährt im Nordwesten bis in das dörfliche Holten.
3) Tangentiallinie
Dieses System vereint die Vorteile der Zubringerlinie (kleinteilige Abdeckung des heimatlichen Stadtteils) mit denen der Durchgangslinie, nur mit dem Unterschied, dass die Tangentiallinie nicht ins Stadtzentrum brettert, sondern benachbarte Stadtteile abklappert und eure Cims zwischendurch an verschiedenen, auf dem Weg liegenden Verkehrsverteilern abliefert. Dort können sie dann auf die Durchgangslinie Richtung Stadtzentrum, bzw. auf andere Verkehrsträger umsteigen. Ein Beispiel findet sich wieder in Hannover, rechts im Bild findet sich die Linie 124, die im Nordosten startet, auf dem Weg drei Stadtbahnlinien, zwei S-Bahnhöfe und unzählige Buslinien kreuzt und im Südosten endet.
4) Schnellbuslinie
Das vierte Liniensystem habe ich so noch nie ausprobiert, gibt aber noch theoretische Möglichkeiten: Zusätzlich zu den kleinteiligen Zubringer- und den Durchgangslinien, gibt es noch Schnellbuslinien. Die fahren zwar auf ähnlichen Wegen wie die drei Linenarten oben, halten aber nicht an jeder Station, sondern nur an markanten Punkten, wie Schulen, Verkehrsverteilern, Friedhöfen, etc. Hat den großen Vorteil, dass der CIM wählen/umsteigen kann, mit dem Schnellbus aber wesentlich flotter an ihrem Ziel/Verteiler sind. Im Gegensatz zur "normalen" Buslinie, die ja, wie im Punkt 1 erläutert, ruhig alle 3 Felder mal halten kann, würde man Schnellbusse eher auf 6-7 Felder1, oder noch höher ausdehnen. Hier habe ich halt noch keine Erfahrungen, aber vielleicht hat hier ja schon mal jemand mit Schnellbussen experimentiert.
Es ist übrigens in keinem Verhältnis in egal welcher Linienart, den Bus an jeder Milchkanne halten zu lassen. Wenn ihr mit langen Straßen in euren Wohngebieten arbeitet, legt in regelmäßigen Abständen einfach Fußwege von Straße zu Straße und macht auf die jeweilige Straße an der Stelle nen Zebrastreifen (mit der Mod Crossings), sodass die Cims auch zwischen den Straßen hin- und her laufen können. In der Nähe der Zebrastreifen kommen dann Haltestellen. Dann reicht es theoretisch aus, bei einem angenommenen Raster von 5 langen Längsstraßen 1x Straße 2 und 1x Straße 5 zu durchfahren.
Fahrzeuge:
Auf Durchgangslinien nutze ich den NL VDL Citea (Kapazität: 80) oder den Citaro L (95). Den aber nur, wenn die Strecke durchgängig 3-spurig ausgebaut ist und die Busse wenig links abbiegen und hinter der Haltestelle genug Platz für nachfolgende Busse ist. Das ist nämlich schon echt ein Apparat und wenn ich den durch verwinkelte Altstadtgassen schicken würde, würde da gar nix mehr gehen. Zubringerlinien, die nur in wenig besiedelten Gegenden fahren, nutzen meist die Solaris Urbino 10 (60) oder 12 (75), weil die mir a) vom Design gefallen und b) sie schön kompakt sind. Schade, dass es der Urbino 15 noch nicht bis ins Spiel geschafft hat
Warum kann ich dann den Urbino 12 nicht statt des VDL Citea nutzen? Grundsätzlich schon, nur macht Kleinvieh eben auch Mist und wenn ich auf einer Linie 15 Busse einsetze, kann ich mit einem Umlauf von allen 15 Bussen schon 75 Leute mehr transportieren als mit dem Urbino 12. Oder andersrum gesagt, ich müsste einen Bus mehr einsetzen, um die Kapazität des Citea zu erreichen und gerade in Städten mit gebündelten Buslinien im Stadtzentrum und/oder ziemlichem Verkehrschaos ist man um jeden eingesparten Bus dankbar.
Ihr könnt auch gerne mit Gelenkbussen herumexperimentieren, ihr werdet dann aber schnell feststellen, dass der Arsch vom Gelenkbus über die Haltestelle hinaus, quer über die Fahrbahn ragt und dem nachfolgenden Verkehr schön die Durchfahrt versperrt. Staus sind so vorprogrammiert und wer das nicht will, beschränkt sich auf einteilige Busse.
Tram:
Ne Tram ist ja eigentlich auch nur ein großer Bus auf Schienen. Demzufolge bieten sich auch hier theoretisch die gleichen Einsatzmöglichkeiten, durch die weitesgehende Trennung der Gleise vom übrigen Verkehr (außer auf der einspurigen Straße) kommt die Tram aber wesentlich schneller vorwärts. In der Realität werden Trams aufgrund der Schnelligkeit, aber auch aus Kostengründen fast ausschließlich als Durchgangslinie eingesetzt. Seltener finden sich Tangential- oder gar Zubringerlinien als Tram. Ein Beispiel für eine Tangentiallinie ist die Tram-Linie 27 in Berlin, die mit dem Stadtzentrum mal so überhaupt nix zu tun hat.
Die Tram nutze ich zur Zeit wie einen Schnellbus, also als Haltestellenabstand auch 6-7 Felder1 und die Zugfolge steht je nach Auslastung auf 700-950 Meter.
Metro:
Die Metro eignet sich dort, wo große Mengen Cims schnell transportiert werden wollen. Die Metro bietet sich am ehesten als Durchgangslinie an, da die Kosten sich nur im Stadtzentrum rentieren. Beispiele für andere Modelle sind mir aus der Realität gar nicht bekannt. Meistens orientiere ich mich beim Metro-Bau an meiner Heimatstadt Hannover, d.H. ich arbeite je nach Stadtgröße und Linienzahl mit einem oder zwei Zentralverteilern im Stadtzentrum. Über diese Verteiler werden so viele Linien wie möglich geführt, um die Anzahl der Umstiege für die Cims so gering wie möglich zu halten. Dabei achte ich darauf, dass die größten Anziehpunkte der Stadt (Bahnhof, Einkaufsviertel, Sehenswürdigkeiten) von den Hauptlinien direkt angefahren werden können, um so die Wege der Cims bestmöglich zu verkürzen. Bringt mir ja nix, wenn der Hbf. und das Rathaus nur 500m auseinanderliegen, die Cims mit der Metro aber erst 2 Stationen in die andere Richtung fahren müssen, um dort umsteigen zu können.
Als Fahrzeug nutze ich ausschließlich die Metro-London (4 Car), weil die signifikant kleiner ist, als die Vanilla-Metro. Das kommt spätestens dann zum Tragen, wenn man mal drei Linien mit hohem Passagieraufkommen (Halten dauert ewig!) und dichter Taktfolge über eine Metro-Strecke jagt. Dann ist man über jeden kurzen Zug dankbar, der den unterirdischen Stau auflöst.
Je nach Passagierzahl arbeite ich bei der Metro mit einer Zugfolge von 1000-1500 Meter.
S-Bahn:
Die S-Bahn ist das gröbste, aber auch das schnellste und effizienteste Verkehrssystem und hat die Aufgabe, bevölkerungsreiche und/oder weit entfernte Stadtteile mit dem Zentrum zu verbinden. Als Zulieferer zur S-Bahn werden Zubringer- oder Tangentiallinien eingesetzt, oder eine größere Durchmesserlinie kommt zufällig vorbei. S-Bahnhöfe baue ich nach Bedarf, aber nicht näher als 500 Meter voneinander entfernt, da sie ihre Vorteile dann nicht auspielen können. Es gibt leider wenig S-Bahnhöfe mit Umsteigemöglichkeiten zu anderen Verkehrssystemen, sodass ein Umstieg in eine S-Bahn für den Cim auch immer mit einem gewissen Fußweg (zur nächsten Bushaltestelle, Metrostation, etc.) verbunden ist. Wenn die S-Bahn nun sehr oft hält, verliert sie ihren Geschwindigkeitsvorteil und der Cim wird sich einen alternativen Weg suchen. Die Zugfolge bei S-Bahnen beträgt je nach Frequenz 1500-2500 Meter.
Trenne die S-Bahn ab!
In einer Stadt vor Snowfall mit 130.000 Einwohnern hat sich bei mir irgendwann ein riesiges Problem ergeben: Trotz durchgängig viergleisigen Bahnhöfen, ging bald gar nix mehr voran, weil die Bahnhöfe und Gleise mit Güterzügen und ortsfremden Passagierzügen verstopft waren, die ihre Touristen nicht sinnvollerweise am Hauptbahnhof abgesetzt haben, sondern immer am Erstbesten, auch wenn das Kuhdorf weit vor den Toren der Stadt nur 500 Einwohner hatte. Natürlich fährt der fremde Zug am anderen Ende der Karte rein und ballert so erstmal über die komplette Karte, um dann zwei Touris vor nem Kuhstall abzusetzen. Ergo kamen meine S-Bahnen irgendwann gar nicht mehr durch und standen sich vor dem Bahnhof die Beine in den Bauch. Dann habe ich auch den Respawn-Timer schätzen gelernt.
Irgendwo habe ich dann die Idee aufgeschnappt, das S-Bahn-Netz einfach baulich vom ausgehenden Netz zu trennen, sodass sich die S-Bahnen und die anderen Züge nicht mehr ins Gehege kommen. Dafür braucht man natürlich einen mehrgleisigen Hauptbahnhof, damit die ausgehenden Züge maximal zum Hbf. geleitet werden und die S-Bahn trotzdem den Hbf. nutzen kann. Alle anderen Stationen könnt ihr eingleisig belassen, ihr müsst nur sicherstellen, dass die Station nicht aus Versehen an das ausgehende Netz geklatscht wird. Seit neustem gibt's ne Mod namens Local-only Transport Stations, die genau diese Trennung bewirkt, ohne das baulich machen zu müssen. Die hab ich aber noch nicht ausprobiert.
Wenn ihr die Netze nicht trennen könnt oder wollt, nutzt auf jeden Fall, wie bei der Metro auch, kürzere Züge. Ich nutze momentan die X61-Serie, der ich mit den Advanced Vehicle Options eine realistischere Kapazität verpasst habe.
Die S-Bahn eignet sich neben der Metro auch wunderbar, um entfernte Flughäfen anzubinden, damit die Touris da nicht die Europcar-Filiale von Sveniberlin stürmen.
tl;dr
1. Sei schnell!
2. Decke alles ab, ohne zu übertreiben!
3. Stelle sicher, dass jede Station in mindestens 2 Richtungen bedient wird.
4. Nimm den kürzesten Weg.
tl;dr²
Sei schnell, halte nicht an jeder Frittenbude und fahr keine sinnlosen Umwege, die deine Cims zur Weißglut treiben.
Das mal erstmal zur grauen Theorie... Beispiele mit Screenshots von meiner aktuellen Stadt gibt's heute Abend im zweiten Teil.
Fußnote:
1) Felder meint in diesem Fall die technische Möglichkeit, wann ich nach einer Bushaltestelle die nächstmögliche setzen kann. Das ist ja technisch nicht sofort 3 Meter hinter der nächsten Haltestelle möglich, sondern erst in einem gewissen Abstand. Wenn ich von 3 Feldern schreibe, sieht das also so aus, dass ich nicht die erste Haltestellenmöglichkeit nach H1 nutze, sondern erst die dritte. Im Schema sieht das dann so aus: X-O-O-X, wobei X eine bediente Haltestelle kennzeichnet und O eine ausgelassene Haltemöglichkeit.